Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt
9. Juni 2010
BMJ, Pressemitteilung vom 07.06.2010
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Scharrenberger hat in einem Interview mit dem Züricher "Tages-Anzeiger" betont, dass "Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt" sei. Zwar sei ihr "nicht wohl, wenn illegal höchst private Daten beschafft werden und dann damit ein Geschäft gemacht wird", sagte die Bundesjustizministerin mit Blick auf die der Bundesregierung zum Kauf angebotenen CDs mit gestohlenen Schweizer Steuerdaten. "Gleichzeitig halte ich aber das deutsche Bemühen für sehr berechtigt, gegen jene vorzugehen, welche die Steuergesetze verletzen."
Der schwarz-gelben Bundesregierung sei sehr an guten nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz gelegen, sagte Leutheusser-Schnarrenberger: "Die Schweiz ist einer unserer wichtigsten Nachbarn. Für die neue Regierung in Berlin war es daher sonnenklar, dass zwischen der Schweiz und Deutschland keine anhaltenden Spannungen bestehen dürfen. Schon deshalb, weil wir viele gemeinsame Interessen haben - denken Sie nur an das Funktionieren der Finanzmärkte mit stabilen Währungen." Gebe es doch einmal unterschiedliche Ansichten, müsse man gemeinsam eine Lösung finden - "aber mit Anstand und nicht mit der Kavallerie".
Für die Idee des Bankgeheimnisses habe sie "großes Verständnis", sagte Leutheusser-Schnarrenberger in dem Interview weiter. "Gerade auch vor dem Hintergrund, dass verschiedene staatliche Stellen unter dem Titel der Terrorismusbekämpfung immer öfter versuchen, auf Kundendaten zuzugreifen - auch wenn gar kein konkreter Verdacht vorliegt." Diese Entwicklung verfolge sie "mit Besorgnis". Datenbeschaffung ohne Anlass und einem weiten Umfeld sei "vollkommen inakzeptabel".
Zur Auseinandersetzung zwischen Datenschützern und dem Internet-Dienst Google Street View sagte die Bundesjustizministerin, dass "Konzerne wie Google ihr Publikum viel besser darüber aufklären sollten, was mit den gesammelten Daten geschieht und welche Rekursmöglichkeiten der einzelne Nutzer hat". Hier müssten die Behörden "von den Konzernen strikte Transparenz" einfordern und prüfen, ob Datenschutzverletzungen vorliegen.
Auch wenn sie plebiszitäre Elemente in der Demokratie ausdrücklich fördern möchte, kann Leutheusser-Schnarrenberger dem jüngst in der Schweiz per Volksentscheid beschlossenen Minarettverbot überhaupt nichts abgewinnen: "Wäre ich hier sesshaft und könnte mitbestimmen, hätte ich mich gewiss auf der Seite der Gegner engagiert", sagte die Bundesjustizministerin. Auch ein Burkaverbot in der Öffentlichkeit lehnt sie kategorisch ab: "Der Staat besitzt kein Recht, den Leuten im öffentlichen Raum Bekleidungsvorschriften zu machen."
Quelle: BMJ