Mandanteninformation - Mindestlohn ab 1.1.2015
11. November 2014
Jahrelang umstritten, im Jahr 2014 nun beschlossen - am 01.01.2015 tritt das Gesetz zur Regelung des allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) in Kraft.
Den Mindestlohn kann grundsätzlicher jeder Arbeitnehmer verlangen, auch Arbeitnehmer in der Probezeit und geringfügig entlohnte Beschäftigte (Minijobber). Für einige Personengruppen muss der Mindestlohn nicht gezahlt werden, da entweder Ausnahmetatbestände geschaffen wurden oder die Personen keine Arbeitnehmer i. S. d. MiLoG sind. Die wichtigsten Personengruppen sind:
- Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung (gilt auch für Nebenbeschäftigungen von Azubis),
- zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte,
- Ehrenamtliche und Übungsleiter,
- ehemals Langzeitarbeitslose (mindestens ein Jahr) in den ersten 6 Monaten der Beschäftigung,
- Praktikanten gem. § 22 MiLoG, z. B.
- bei verpflichtendem Praktikum gem. Ausbildungs- oder Studienordnung,
- bei Praktikum bis zu 3 Monaten als Orientierung vor Ausbildung/Studium oder begleitend zu Ausbildung/Studium,
- bei Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierung oder Berufsausbildungsvorbereitung
- Praktikanten, auf die die Ausnahmetatbestände nicht zutreffen, sind mit dem Mindestlohn zu entlohnen.
Bis zum 31.12.2016 gelten außerdem Übergangsregelungen für Zeitschriftenzusteller und Arbeitnehmer, für die allgemeinverbindliche Tarifverträge gelten.
Das Gesetz sieht einen Mindestlohn von 8,50 Euro als Bruttolohn vor. Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung und Pauschalsteuern können nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden. Bei der Prüfung, ob der Mindestlohn eingehalten wird, bereiten Mitarbeiter mit Stundenlohnvereinbarungen wohl die geringsten Probleme. Bei einem festen Monatsgehalt ist der Stundenlohn anhand der vereinbarten Wochenarbeitszeit zu berechnen.
Zuschläge können nur Teil des Mindestlohns sein, soweit sie die "normale" Arbeitsleistung vergüten. Zuschläge, die der Arbeitnehmer für "besondere" Leistungen erhält, sind nicht Bestandteil des Mindestlohns. Hierzu gehören z. B. Zuschläge für Überstunden, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, Schmutz-/Gefahrenzulagen, Akkord-/Qualitätsprämien.
Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld können nur dann als Bestandteil des Mindestlohns gewertet werden, wenn der anteilige Betrag jeweils zu dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitsdatum tatsächlich und unwiderruflich dem Arbeitnehmer zufließt.
Sachbezüge dürfen nur angerechnet werden, soweit sie den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens übersteigen.
Bei leistungsbezogenen Vergütungssystemen (z. B. Akkordlohn, Umsatzprovisionen) muss sichergestellt werden, dass mindestens Anspruch auf 8,50 Euro pro Stunde besteht.
Hat ein Arbeitgeber Mitarbeiter, deren Grundlohn unter 8,50 Euro liegt und erhalten diese Sonderzahlungen oder leistungsbezogene Lohnbestandteile, muss er rechtzeitig zum 01.01.2015 das Vergütungssystem umstellen.
Eine vom Arbeitnehmer gewünschte Entgeltumwandlung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge führt nicht zur Unterschreitung des Mindestlohns.
Die Zahlung des Mindestlohns ist spätestens zum letzten Banktag des Folgemonats zu leisten. Dies gilt auch für Arbeitsstunden, die über die vereinbarten Stunden hinausgehen, es sei denn die Führung eines Arbeitszeitkontos ist schriftlich vereinbart.
Hinweis: Neue Aufzeichnungspflichten
Für bestimmte Beschäftigte müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet werden:
- geringfügig entlohnte Beschäftigte (Minijobber)
Hieraus ergibt sich rechnerisch, dass die monatliche Arbeitszeit eines Minijobbers bei maximal 52,9 Stunden liegen kann.
- Beschäftigte in den in § 2a SchwarzArbG genannten Wirtschaftszweigen (u. a. Bau, Gaststätten und Beherbergung, Gebäudereinigung, Logistik)
Die Daten sind spätestens bis zum siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertag aufzuzeichnen und zwei Jahre aufzubewahren.
Arbeitgeber müssen die Arbeitszeiten ihrer Minijobber prüfen und ggf. die vereinbarten Arbeitsstunden anpassen. Wird durch die Anpassung des Stundenlohns der Höchstbetrag von durchschnittlich 450 Euro monatlich überschritten, tritt Sozialversicherungspflicht ein. Falls im Betrieb Aufzeichnungspflichten zu erfüllen sind, müssen Unternehmer rechtzeitig Arbeitsabläufe und Verantwortlichkeiten zur Erfüllung dieser Verpflichtungen festlegen.
Kontrollen und Konsequenzen
Abgesehen davon, dass der Arbeitnehmer den Mindestlohn arbeitsrechtlich einklagen kann, wird die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften bei der regelmäßigen Sozialversicherungsprüfung und durch den Zoll bei Kontrollen vor Ort überwacht. Verstöße können als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern bis zu 500.000 Euro geahndet werden. In schweren Fällen kann auch eine Straftat vorliegen.
Sozialversicherungsbeiträge werden auch auf Entgelte erhoben, die der Arbeitnehmer zwar nicht erhalten, auf die er jedoch Anspruch gehabt hätte (Entstehungsprinzip). Bei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen wird der Arbeitgeber hierbei in der Regel Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge tragen müssen. Bei Minijobbern kann unbeabsichtigt Versicherungspflicht eintreten.
Achtung: Mindestlohn nicht nur für die eigenen Arbeitnehmer
Das MiLoG sieht eine verschuldensunabhängige Auftraggeberhaftung vor. Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet auch für die Verpflichtungen dieses Unternehmers und seiner Nachunternehmer. Der Unternehmer kann den Arbeitnehmer nicht darauf verweisen, den Mindestlohn zuerst bei seinem eigenen Arbeitgeber einzufordern. Kurz gesagt: der Arbeitnehmer kann sich aussuchen, welchen Kunden seines Arbeitgebers (oder Auftraggeber noch weiter oben in der Hierarchiekette) er verklagen möchte.