Entwarnung: ELStAM - elektronische Lohnsteuerkarte verschoben?
15. Juni 2012
Eigentlich sollte die elektronische Lohnsteuerkarte bereits ab dem 01. Januar 2012 zur Anwendung kommen. Dann wurde lapidar eine Meldung publiziert: „Die Einführung … wird sich auf Grund von Verzögerungen bei der technischen Erprobung … auf den 01. Januar 2013 verschieben“. Sicher, es gibt Sachgründe. Doch was bedeutet die behördlich verfügte Verschiebung für die Praxis?
Des einen Freud, des andern Leid. Wieder wird den Bürgern, der Wirtschaft und den Steuerberatern zugemutet, Vorbereitungen zu treffen und abzuwarten, ob die Umstellung tatsächlich zeitbestimmt eingeführt wird. Zeit und Kosten tragen die Betroffenen. Die Lücke zwischen Wahn und Wirklichkeit erweitert sich wiederum – zuletzt war es ELENA, jetzt folgt ELStAM. Es wird Zeit, dass der Steuergesetzgeber verpflichtet wird, erst dann seine Vorhaben mit Terminen zu versehen, wenn die befasste Verwaltung in verantworteter Amtspflicht zugesagt hat, dass der Steuervollzug tatsächlich störungsfrei aufgenommen werden kann. Es darf ein Steuergesetz erst dann zur Anwendung kommen, wenn nach abgeschlossener Pilotierung und Abnahme durch die Wirtschaftsverbände, beiderseits der Vollzug gewährleistet ist.
Grund für die Verschiebung sei eine erhöhte Fehlerquote der Daten in der Datenbank, angeblich 2 % betrage der Fehleranteil. Bei immerhin rd. 44 Mio Datensätzen wären rd. 800.000 Datenmeldungen falsch. Deshalb bleibt es zunächst für die Arbeitgeber bei der LSt-Karte 2010 (!) bzw. einer Ersatzbescheinigung, die das örtliche Finanzamt in Papier ausstellt. Die darin eingetragenen bzw. bescheinigten Freibeträge und Hinzurechnungsbeträge gelten in der „Übergangszeit“ weiter…
Ob die elektronische Lohnsteuerkarte tatsächlich ab 01. Januar 2013 kommt, ist heute noch fraglich. Weiterhin existieren technische Umsetzungsprobleme. Erwogen wird daher eine Zwischenlösung zur sukzessiven Einführung elektronischer Lohnsteuerabzugsmerkmale. Wie sollte dies aussehen? Jedem Arbeitnehmer soll innerhalb einer bestimmten Frist – im Gespräch ist der Zeitraum bis Dezember 2013 – ein Wahlrecht zur Anwendung der neuen Elektronik oder der alten Papierbewältigung eingeräumt werden. Demnach kann die Praxis davon ausgehen, dass ELStAM flächendeckend wohl erst ab 01.01.2014 gelten soll. Nur, wer will, der kann schon vorher anfangen – mit allen Risiken aus Kosten, Unsicherheit und eventuellem Scheitern. Die erneut verlängerte Übergangsfrist löst bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern zugleich Probleme aus.
Es ist der Praxis nicht mehr zumutbar, erneut „Wahlrechte“ vorzugeben. Vielmehr sollte jetzt mit kurzem Prozess die Einführung verbindlich auf den 01. Januar 2014 vorgesehen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt können alle Seiten – Verwaltung und Wirtschaft – sich sachgerecht vorbereiten. Und, bis dorthin sollte die Geltung der „vierjährigen Lohnsteuerkarte“ (2010 bis 2014) in bewährtem Papier verkündet werden…
Autor: Dr. Peter Küffner, LSWB-Präsident
Quelle: LSWB - Praxisticker Nr. 308