Frage-Antwort-Katalog zur Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung
1. August 2011
BMF, Pressemitteilung vom 26.07.2011
Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 sollen durch Änderungen im Umsatzsteuergesetz (UStG) die bislang sehr hohen Anforderungen an die elektronische Übermittlung von Rechnungen reduziert und so Bürokratiekosten der Wirtschaft in Milliardenhöhe abgebaut werden. Das vom Deutschen Bundestag beschlossene Steuervereinfachungsgesetz 2011 sieht eine rückwirkende Anwendung der Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung zum 1. Juli 2011 vor. Allerdings hat der Bundesrat am 8. Juli 2011 diesem Gesetz nicht zugestimmt. Die Anrufung des Vermittlungsausschusses wird zurzeit geprüft. Eine rechtssichere Anwendung der vorgesehenen Neuregelung der elektronischen Rechnungsstellung (z. B. Versendung einer Rechnung per E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur) ist erst mit In-Kraft-Treten des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 möglich.
Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde eine Vielzahl von Fragen zur konkreten Ausgestaltung der geplanten Regelung an das Bundesministerium der Finanzen herangetragen. Die Wichtigsten sollen hier in einem Frage-Antwort-Katalog gesammelt und interessierten Bürgern und Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.
Wer ist von der elektronischen Rechnungsstellung betroffen?
Jeder Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne - unabhängig von der Größe des Unternehmens - kann Rechnungen elektronisch übermitteln, sofern der Rechnungsempfänger zustimmt. Jeder - sei es Unternehmer, sei es Privatperson - kann Empfänger einer elektronischen Rechnung sein.
Die Rechnungsausstellung ist eine zivilrechtliche Nebenpflicht aus dem zugrunde liegende Schuldverhältnis. Umsatzsteuerlich ist der leistende Unternehmer zur Rechnungsausstellung verpflichtet, wenn er eine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt. Gegenüber Privatpersonen ist der leistende Unternehmer nur zur Rechnungsausstellung verpflichtet, wenn er eine Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück erbringt.
Als Rechnung gilt jedes Dokument, mit dem über eine Leistung abgerechnet wird; ausgenommen sind Dokumente des Zahlungsverkehrs, z. B. Mahnungen.
Was ist eine elektronische Rechnung in Abgrenzung zu einer Papierrechnung?
Es ist vorgesehen, in § 14 Abs. 1 Satz 8 UStG erstmalig eine Definition der elektronischen Rechnung aufzunehmen. Hiernach ist eine elektronische Rechnung eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird. Hierunter fallen Rechnungen, die per E-Mail ggf. mit PDF- oder Textdatei-Anhang, per Computer-Telefax oder Fax-Server, per Web-Download oder im Wege des Datenträgeraustauschs (EDI) übermittelt werden. Die Übermittlung einer Rechnung von Standard-Fax zu Standard-Fax oder von Computer-Telefax/Fax-Server an Standard-Telefax gilt zukünftig als Papierrechnung.
Eine Unterscheidung von Papier- und elektronischen Rechnungen wird demnach zukünftig nicht mehr erforderlich sein, da Papier- und elektronische Rechnungen umsatzsteuerlich gleich zu behandeln sind. Dadurch erhöhen sich aber nicht die Anforderungen an Papierrechnungen.
Wann wird eine Papier- oder elektronische Rechnung für umsatzsteuerliche Zwecke anerkannt?
Papier- und elektronische Rechnungen sollen umsatzsteuerlich für den Vorsteuerabzug anerkannt werden, wenn die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sind und die Rechnung alle gesetzlich erforderlichen Angaben enthält (vgl. § 14 Abs. 4, § 14a UStG).
Was bedeutet Echtheit der Herkunft einer Rechnung?
Die Echtheit der Herkunft einer Rechnung ist gewährleistet, wenn die Identität des Rechnungsausstellers sichergestellt ist.
Was bedeutet Unversehrtheit des Inhalts einer Rechnung?
Die Unversehrtheit des Inhalts einer Rechnung ist gewährleistet, wenn die nach dem Umsatzsteuergesetz erforderlichen Pflichtangaben während der Übermittlung der Rechnung nicht geändert worden sind.
Was bedeutet Lesbarkeit einer Rechnung?
Die Rechnung muss in einer für das menschliche Auge lesbaren Form geschrieben sein.
Welche Verfahren können für die elektronische Übermittlung von Rechnungen verwendet werden?
Die Neuregelung der elektronischen Rechnungsstellung soll technologieneutral ausgestaltet sein. Das bedeutet, dass kein bestimmtes technisches Übermittlungsverfahren vorgeschrieben ist. Der Rechnungsaussteller ist vielmehr frei in seiner Entscheidung, in welcher Weise er zukünftig Rechnungen übermittelt, sofern der Empfänger dem zugestimmt hat.
Elektronische Rechnungen können daher in ganz unterschiedlichen Formen den Empfänger erreichen: Als E-Mail (ggf. mit PDF- oder Textdateianhang), im EDI-Verfahren, über Computer-Fax oder Faxserver oder per Web-Download. Auch DE-Mail oder E-Post können zukünftig für die elektronische Übermittlung einer Rechnung verwendet werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass nach dem Gesetzentwurf eine Signatur nicht mehr vorgeschrieben ist, diese gleichwohl aber verwendet werden kann.
Verwendet der Unternehmer keine qualifizierte elektronische Signatur oder das EDI-Verfahren, ist durch ein innerbetriebliches Kontrollverfahren, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schafft, sicherzustellen, dass die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts sowie die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sind. Wie das geschehen soll, legt jeder Unternehmer selbst fest.
Was ist ein innerbetriebliches Kontrollverfahren im Sinne des § 14 Abs. 1 UStG?
Ein innerbetriebliches Kontrollverfahren ist ein Verfahren, das der Unternehmer zum Abgleich der Rechnung mit seiner Zahlungsverpflichtung einsetzt. Der Unternehmer wird im eigenem Interesse insbesondere überprüfen, ob die Rechnung in der Substanz korrekt ist, d. h. ob die in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich in dargestellter Qualität und Quantität erbracht wurde, der Rechnungsaussteller also tatsächlich den Zahlungsanspruch hat, die vom Rechnungssteller angegebene Kontoverbindung korrekt ist und ähnliches. Die Verwendung eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schafft, ist erforderlich, um die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung sicherzustellen. Es müssen hierfür keine neuen speziellen Verfahrensweisen innerhalb des Unternehmens geschaffen werden. Bereits ein entsprechend eingerichtetes Rechnungswesen kann als geeignetes Kontrollverfahren dienen, das die Zuordnung der Rechnung zur empfangenen Leistung ermöglicht.
Der Begriff des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens bedeutet dabei aber nicht, dass es sich um ein "technisches" oder EDV-gestütztes Verfahren handeln muss. Auch in kleinen Unternehmen, die über kein kaufmännisches Rechnungswesen verfügen, können "innerbetriebliche Kontrollverfahren" zur Überprüfung eingehender Rechnungen angewandt werden. In der einfachsten Form kann dies z. B. durch einen manuellen Abgleich der Rechnung mit der Bestellung und ggf. dem Lieferschein geschehen.
Die Verwendung eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens zur Überprüfung von Papier- und elektronischen Rechnungen führt zu keinen neuen Aufzeichnungs- oder Aufbewahrungsverpflichtungen. Auch erhöhen sich dadurch die umsatzsteuerlichen Anforderungen an eine Papierrechnung nicht.
Was ist ein verlässlicher Prüfpfad im Sinne des § 14 Abs. 1 UStG?
Ein verlässlicher Prüfpfad ist Bestandteil eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens zur Gewährleistung der Echtheit der Herkunft einer Rechnung, der Unversehrtheit ihres Inhalts und ihrer Lesbarkeit. Anhand eines verlässlichen Prüfpfads ist ein Zusammenhang zwischen der Rechnung und der zugrunde liegenden Leistung herzustellen.
Durch einen Abgleich mit der Bestellung, dem Auftrag oder Vertrag und, ggf. dem Lieferschein überprüft der Unternehmer, ob die Rechnung inhaltlich ordnungsgemäß ist, also die Rechnungsangaben und der leistende Unternehmer zutreffend sind. Dies ist bereits aus anderen Gründen erforderlich, nämlich um die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs festzustellen.
Der verlässliche Prüfpfad begründet keine neue Aufzeichnungspflicht. Innerbetriebliche Kontrollverfahren, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung herstellen, müssen und können nicht von der Finanzverwaltung zertifiziert werden.
Was ist der Unterschied zwischen der Verwendung eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens im Sinne des § 14 Abs. 1 UStG und der Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur oder eines EDI-Verfahrens im Sinne des § 14 Abs. 3 UStG?
Für die umsatzsteuerliche Anerkennung elektronischer Rechnungen war bislang erforderlich, dass für die Übermittlung entweder eine qualifizierte elektronische Signatur oder das EDI-Verfahren verwendet wurde (§ 14 Abs. 3 UStG). Mit der beabsichtigten Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung soll diese Verpflichtung entfallen. Neben den in § 14 Abs. 3 UStG n. F. weiterhin als Beispiele ausdrücklich genannten zulässigen Verfahren der qualifizierten elektronischen Signatur und dem EDI-Verfahren werden durch den Gesetzentwurf des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 auch weitere Verfahren zugelassen, sofern sie zur elektronischen Übermittlung von Rechnungsinhalten geeignet sind und der Unternehmer die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und die Lesbarkeit gewährleistet. In Betracht hierfür kommt jegliches innerbetriebliche Kontrollverfahren, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schafft.
Wird eine qualifizierte elektronische Signatur verwendet, ist für den Rechnungsempfänger sofort sichtbar, wenn während der Übertragung Änderungen in der Rechnung vorgenommen worden sind. Bei dem EDI-Verfahren ist der Übertragungsweg gesichert, so dass während der Übermittlung grundsätzlich keine Änderungen möglich sind. Bei der Verwendung innerbetrieblicher Kontrollverfahren legt der Unternehmer selbst fest, in welcher Weise er die Rechnung überprüft, um zu gewährleisten, dass keine Änderungen vorgenommen wurden und die Rechnung vom zutreffenden Rechnungsaussteller versendet wurde.
Was muss bei der Aufbewahrung elektronischer Rechnungen beachtet werden?
Besteht eine Aufbewahrungspflicht, so sind elektronische Rechnungen in dem elektronischen Format der Ausstellung bzw. des Empfangs (z. B. digital als E-Mail ggf. mit Anhängen in Bildformaten wie pdf oder tiff, digital als Computer-Telefax, digital als Web-Download oder in EDI-Formaten) aufzubewahren. Das bei der Aufbewahrung angewendete Verfahren und die Prozesse müssen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und DV-gestützter Buchführungssysteme und den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen entsprechen.
Die aufbewahrten Rechnungen müssen während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit lesbar und maschinell auswertbar sein. Diese Regelung ist nicht neu, sondern gilt auch für andere, für die Besteuerung relevanten elektronischen Unterlagen, wie z. B. die elektronische Buchführung und Gewinnermittlung oder elektronische Geschäftsbriefe. Die Aufbewahrungsfrist beträgt bei einem Unternehmer in der Regel 10 Jahre.
Ist es zulässig, eine elektronische Rechnung in Papierform aufzubewahren?
Besteht eine gesetzliche Pflicht zur Aufbewahrung von Rechnungen, sind elektronische Rechnungen zwingend elektronisch während der Dauer der Aufbewahrungsfrist auf einem Datenträger aufzubewahren, der keine Änderungen mehr zulässt. Hierzu gehören insbesondere nur einmal beschreibbare CDs und DVDs. Eine Aufbewahrung einer elektronischen Rechnung als Papierausdruck ist in diesen Fällen nicht zulässig. Außerdem würde sie einen Medienbruch darstellen, zusätzliche Kontrollen notwendig machen und zudem zu erhöhten Aufbewahrungskosten führen.
Rechnungsempfänger, die elektronische Rechnungen nicht aus steuerlichen Gründen aufbewahren müssen, können hingegen selbst entscheiden, wie sie die Rechnung aufbewahren möchten.
Ab wann ist die Neuregelung der elektronischen Rechnungsstellung anzuwenden? Gibt es eine Übergangsregelung?
Die Neuregelung der elektronischen Rechnungsstellung soll nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Rechnungen für Umsätze, die nach dem 30. Juni 2011 ausgeführt werden, angewandt werden. Eine Übergangsregelung ist insoweit nicht erforderlich, da die Anforderungen an die elektronische Rechnungsstellung herabgesetzt werden und die bislang zulässigen Verfahren (qualifizierte elektronische Signatur und der EDI) weiterhin angewandt werden können.
Quelle: BMF